Um einen aus volkswirtschaftlicher Perspektive effizienten Wettbewerb zwischen den einzelnen Verkehrsträgern zu ermöglichen, ist eine Anlastung sowohl der Kosten der Infrastrukturbereitstellung als auch der externen (Umwelt-)Kosten erforderlich. Vor diesem Hintergrund kann eine Kerosinbesteuerung dazu beitragen, die durch Stoffemissionen des zivilen Luftverkehrs hervorgerufenen Umweltbelastungen in die einzelwirtschaftlichen Angebots- und Nachfrageentscheidungen eingehen zu lassen. Darüber hinaus wäre zur Schaffung von gleichen Wettbewerbsbedingungen auch für die konkurrierenden Verkehrsträger Straße und Schiene eine vollständige Deckung der Wegekosten (die für den Luftverkehr weitgehend gegeben ist) und eine Rahmenordnung zur Internalisierung aller bedeutsamen externen Effekte erforderlich.
Ungeachtet der bestehenden rechtlichen Restriktionen kommen für eine umweltpolitisch motivierte Besteuerung des Luftverkehrs unterschiedliche Ausgestaltungen in Frage. So wäre es denkbar, die Befreiung des im gewerblichen Luftverkehr genutzten Treibstoffs von der Mineralölsteuer aufzuheben (Kerosinsteuer). Sofern eine solche Besteuerung nicht international harmonisiert eingeführt wird, bieten sich sowohl auf der Anbieterseite („Tankering“) als auch für die Nachfrager Ausweichmöglichkeiten. Durch eine Anknüpfung der Besteuerung an den Emissionen ließen sich derartige Steuerausweichungen zumindest teilweise vermeiden und es könnten Anreize gesetzt werden, neben den CO2-Emissionen - die in einem fixen Verhältnis zum Kerosinverbrauch stehen - auch die als besonders klimarelevant angesehenen Stickoxidemissionen zu reduzieren (Emissionsabgabe). Schließlich könnten durch einen Abgabentarif, der nicht nur die absolute Emissionsmenge, sondern die jeweiligen klimatischen Auswirkungen der Emissionen auf unterschiedlichen Flugrouten berücksichtigt, die luftverkehrsbedingten Klimaeffekte weiter reduziert werden (Umweltwirkungsabgabe).
Die Auswirkungen einer Kerosin- bzw. Emissionsbesteuerung auf die Höhe der Luftverkehrsnachfrage und das Ausmaß der Emissionen können nur grob abgeschätzt werden. Die prozentual stärksten Nachfragerückgänge sind bei Mittel- und Langstreckenflügen von Privatreisenden zu erwarten. Im Kurzstreckenverkehr, bei dem Geschäftsreisende als Luftverkehrsnutzer überwiegen, sind die absoluten Preissteigerungen, die als Folge einer „moderaten“ Kerosinbesteuerung auftreten, relativ gering, so dass kaum mit spürbaren Nachfragereaktionen zu rechnen ist. Für eine Kerosinbesteuerung, deren Satz bei rund 0,45 EUR/Liter festgelegt wird, lässt sich für das Jahr 2010 nur eine geringfügige Verringerung des Verkehrsaufkommens gegenüber dem Trend erwarten, d. h. das Verkehrsaufkommen in Deutschland (Passagierzahl) stiege statt um rund 70 % lediglich um rund 60 % (auf der Basis des Jahres 1995). Selbst für den Fall, dass eine „hohe“ Kerosinsteuer eingeführt würde (rund 2,30 EUR/Liter) und es zudem gelänge, unerwünschte Ausweichreaktionen zu verhindern, ist bis zum Jahr 2010 mit einer mehr als 10 %igen Steigerung der Passagierzahlen und einer darüber liegenden Zunahme der Verkehrsleistung zu rechnen. Da durch eine Kerosin- bzw. Emissionsbesteuerung zusätzliche Anreize zur Entwicklung und zum Einsatz von emissionsarmen Flugzeugen geschaffen werden, dürfte die - gegenüber dem prognostizierten Trend - zu erwartende Emissionsminderung deutlicher ausfallen als der Rückgang von Passagieraufkommen und Verkehrsleistung.
Dr. Frank Fichert
Forschungsinstitut für Wirtschaftspolitik an der Universität Mainz
Steuerbefreiungen bei Kerosin Öffentliche Veranstaltungen des Rhein-Main-Instituts Ökonomische Instrumente im Luftverkehr